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Modellbahn I/98 |
Digital: The Migration Path
Von Stefan Bormann
Nachdem ich Henks Vorwort im Hp1 IV/97 gelesen hatte, war mir klar, daß
die Digitalos zu einigen Fragen Stellung nehmen sollten. Das Grundgerüst
dieses Artikels wurde von Stefan Bormann verfaßt. Dann wurde er in der
FREMO-DCC-Mailing-List diskutiert.
Um denen, die Digital aus Unkenntnis skeptisch gegenüberstehen, etwas die
Angst zu nehmen, soll hier beschrieben werden, was sich durch Digital wirklich
ändert und was nicht. Einige Punkte mögen sich als Binsenweisheiten
lesen, es soll aber klar werden, daß Digital nicht beißt!
- Streckenmodule
Hier ändert sich nichts. Jedes Streckenmodul, das mit Analog
funktioniert, funktioniert auch mit Digital. Allerdings sollten allzu
dünne Strippen evtl. überdacht werden. Im Kurzschlußfall
können schon mal mehrere Ampere fließen. Aber das ist nicht nur ein
Problem mit Digital - die Funkregler von Aristo können auch hohe
Ströme liefern. Für Neubauten gilt: dicke Strippen verwenden!
Aber auch die Besitzer von älteren Modulen sollten sich überlegen,
ob sie nicht lieber auf stärkere Leitungen umrüsten sollten - die
Leitungsverluste sind nämlich auch bei analogem Betrieb nicht unbedingt zu
vernachlässigen.
- Bahnhöfe
Auch hier muß sich nichts ändern. Jeder Bahnhof, der mit
Analog funktioniert, funktioniert auch mit Digital - es werden eben alle
Schalter auf `ein' gestellt. Da allerdings bei manchen Bahnhöfen sehr
dünne Drähte verwendet werden (ich habe schon Flachbandleitungen
gesehen!), besteht hier schon die Gefahr, daß die Verkabelung einem
Kurzschluß nicht standhält. Außerdem ist nicht 100%ig
geklärt, ob dünne Verkabelung nicht evtl. der Datenübertragung
zur Lok schadet. Das Signal könnte verzerrt werden und dadurch nur schwer
von der Lok empfangen werden. Für Neubauten gilt: Die Verbindungen
zwischen Bahnhof und Stellpult sollte getrennt für Fahrstrom und
Stellstrom (Weichen&Co) ausgeführt werden, damit für
Digitalbetrieb ein `Kurzschlußstecker' alle Gleisabschnitte direkt mit
Digitalstrom versorgt.
Außerdem sollten Betriebsstellenbesitzer, die vermehrt zu Treffen fahren
wollen, auf denen digital gefahren wird, den Kauf oder Bau einen Boosters
erwägen. Zu Anfang kann natürlich auf dem Treffen von den anwesenden
Digitalos ein Booster ausgeliehen werden.
- Triebfahrzeuge
Loks ohne Dekoder können auf einem digitalen Arrangement nicht
fahren. Hierfür ist ein Dekodereinbau zwingend erforderlich. Ein Dekoder
kostet ca. zwischen 35DM und 150DM. Der Einbau eines Dekoders kann von jedem
bewerkstelligt werden, der weiß, an welcher Seite ein Lötkolben
heiß wird - ansonsten kann man den Dekoder ja vom Händler seines
Vertrauens oder einem Freund einbauen lassen.
Das soll aber nicht heißen, daß eine Lok mit einem Dekoder nur
noch mit einem Digitalsystem fährt. Die meisten Dekoder können sich
auch dumm stellen und so tun, als ob sie nicht da wären. Viele
NMRA-kompatible Dekoder können das auch automatisch. Letzteres
heißt, daß eine mit einem solchen Dekoder ausgestattete Lok auch
die Systemgrenze eines Arrangements überfahren kann, wo auf der einen
Hälfte digital und auf der anderen Hälfte analog gefahren wird.
Nun ist darauf zu achten, daß man sich nicht auf ein System festlegt.
Ein Dekoder, der den Standards der NMRA gehorcht, kann sowohl mit einer
Selectrix-Zentrale als auch mit einer Digitrax-Zentrale verwendet werden.
Allerdings stehen bei der Selectrix-Zentrale im NMRA-Modus nur 14 Fahrstufen
zur Verfügung.
Die Tatsache, daß in vielen neuen Loks ein Schnittstellenstecker
existiert, verführt dazu, einen Dekoder nur provisorisch einzubauen.
Allerdings führt das dazu, daß viele große Loks digitalisiert
werden oder daß die Dekoder z.B. im Führerhaus sichtbar sind. Daher
meine Bitte: Macht es ganz oder gar nicht, es gibt auch kleine Dekoder, die man
zumindest in jeder H0-Lok verstecken kann - auch in einer Köf!
- Betrieb
Wir können natürlich genauso Betrieb machen, wie wir es
gewohnt sind: mit Zugmannschaften. Und zwar nicht nur mit fünf, sondern
mit so vielen, wie Personalstärke und Arrangement sinnvoll erscheinen
lassen. Allerdings wird sich der Fahrdienstleiter etwas langweilen, denn er
kann sich nun nicht mehr am Zuschalten der Ströme erfreuen. Nie wieder
wird er angemacht, weil er die Taste mit der falschen Farbe gedrückt hat.
Auch die Kommunikation zwischen den Zugmannschaften wird leiden - nie wieder
wird der Ruf erschallen: "Wer fährt hier auf Pink?". Wolltet ihr nicht
schon immer mal an einen Ng mit der Ortslok heranfahren können, ohne
vorher beim Fahrdienstleiter zu erfragen, wo die Trennstelle in Gleismitte ist?
Sicher, man kann jetzt eine Betriebsstelle noch einfacher überlasten, weil
mehr Züge gleichzeitig fahren können - aber man
muß ja nicht!
- Technisches Gerödel
Die riesigen, vom Verein finanzierten Ringleitungskoffer entfallen.
Statt dessen brauchen wir eine privat finanzierte Zentrale für ein
Treffen. Diese wird jeweils von einem Mitglied, das eine Zentrale hat, zur
Verfügung gestellt. Wir werden hierbei wohl nie in eine Mangelsituation
kommen, es gibt bereits jetzt mehrere Selectrix- und Digitrax-Zentralen. Ich
vermute eher, daß wir auf den meisten Treffen mehrere Zentralen zur
Verfügung haben werden, so daß in dem unwahrscheinlichen Fall,
daß mal eine Zentrale den Dienst versagt, eine Ersatzzentrale griffbereit
ist.
Ein zweiter Punkt ist die Verkabelung. Zu Anfang werden die aktiven Digitalos
diese zur Verfügung stellen (bei der Digitrax-Truppe sind mehr als 70
Stöpselbuchsen vorhanden). Später werden die Betriebsstellenbesitzer,
die sich schon einen Booster besorgt haben, auch die benötigte Verkabelung
besorgen, um genügend Stöpselmöglichkeiten zu haben und die
Busleitung zum Nachbarbahnhof zu verbinden. Ähnliches gilt für die
Handregler.
Fazit:
Digital ist kein alles-oder-nichts-Weg, sondern kann Schritt für
Schritt auf vorhandene Komponenten aufbauen. Jeder macht den Schritt mit, den
er mitmachen möchte - oder läßt es. Eine Zwangsdigitalisierung
kann und wird es nicht geben. Außerdem wird es keine vom Verein
finanzierten Teile geben.